Inhalt
Inhaltsverzeichnis
„Die Erinnerungen Helmut Krügers sind
weit mehr als die Erzählung eines persönlichen Schicksals.
Entsprechend der Ersten Verordnung zum Reichsbürgergesetz von 1935
galt Helmut Krüger als Mischling 1. Grades. Er wurde zum Grenzfall
gemacht. Er schlug sich mit den Konsequenzen herum - phantasievoll,
hartnäckig und frech. Wäre er nicht in diese Grenzsituation gedrängt
worden, sein Verhalten hätte sich kaum von dem Millionen anderer
deutscher Altersgenossen unterschieden.
Im Dritten Reich widerfuhr den meisten
Mischlingen' für sie selbst überraschend und gegen ihre ureigensten
Empfindungen die plötzliche Identifizierung mit ihren jüdischen
Müttern, Vätern oder Großeltern. Daß sie sich gegen diese
Zwangsidentifizierung wehrten, sie nicht verstanden, war kein
Wunder. Denn gerade diese Deutschen entstammten Familien, die die
tradierten Schranken der Religion und des Ressentiments überwunden,
in Assimilation und Vermischung nichts Verwerfliches gesehen hatten.
Die genaue Abgrenzung ist das Problem jeder Diskriminierung.
Entsprechend der Logik damaliger deutscher Rassenpolitik mußte die
Grenze dort gesucht und gezogen werden, wo deutsche Juden und
Nicht-juden persönliche Beziehungen pflegten, sich liebten,
heirateten und Familien gründeten. Einerseits privilegiert,
andererseits diskriminiert, trennten die Mischlinge' die Juden von
den Nicht-Juden. Sie wurden isoliert, in Wechselbäder von Hoffnung
und Angst getaucht, in Atem gehalten, vollständig individualisiert.
Noch im Jahre 1929 konnte Helmut
Krüger in einem Schulaufsatz schreiben: ,So bin ich ein Mischling
vieler Nationen und Rassen.' Er formulierte dies nicht ohne Stolz
und mit einer Selbstverständlichkeit, die er bis heute nicht
zurückgewinnen konnte."
Götz Aly
top
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 7
Einleitung 9
Kindheit ohne Rassenprobleme
13
Erste Schatten des Dritten Reiches
19
Maßnahmen und Gesetze I
27
Willkür, Unsicherheit und Gesetze
27
Werkstudent in Berlin 35
Weder Jude noch Deutschblütiger
41
Maßnahmen und Gesetze II
45
Schulrechtsverordnungen 45
Studentenrechtsverordnungen
50
Individuelle Verhaltensspielräume
55
Hakenkreuz am Soldatenrock - ein Stück
Hoffnung 65
Maßnahmen und Gesetze III
73
Deutsch-jüdische Mischlinge in der
Wehrmacht 73
Zwiespältiges Leben als Zwangszivilist
81
Deportation der Mutter nach
Theresienstadt 91
Im Zwangsarbeitslager
Miltitz-Roitzschen 99
Kriegsende: „Du lebst, also bist du
Nazi." 109
Noch einmal: Gesetze IV
117
Das „Gesetz über die rückwirkende
Anerkennung freier Ehen politisch und rassisch Verfolgter"
117
Ein Brief der Mutter 125
Nachwort von Götz Aly
131
Literaturverzeichnis 138
Abkürzungen 139
top
|