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Inhaltsverzeichnis
Aus der Einleitung - Andrea
Zielke-Nadkarni
Im Rahmen meines persönlichen
Forschungsinteresses und -Schwerpunkts, der Verbesserung der
pflegerischen Betreuung von Migrantinnen und soziokulturellen
Minderheiten, kooperierte ich bereits vor rund drei Jahren mit der
Landesstelle Unna-Massen und erarbeitete mit Studentinnen der FH
Münster einen „Führer durch das deutsche Gesundheitssystem für
russische Aussiedler", welche die Mehrzahl der in der Landesstelle
aufgenommenen Personen darstellen. In diesem Zusammenhang
berichteten uns bereits damals die Mitarbeiter der Landesstelle von
einer Minderheit jüdischer Kontingentflüchtlinge aus der
Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS), deren soziokultureller
Hintergrund von dem der russischen Aussiedler deutlich verschieden
sei.
Dies weckte mein Interesse, und da
eine Literaturrecherche speziell im Hinblick auf die Lage der aus
der GUS stammenden jüdischen Migrantinnen wenig konkrete
Informationen ergab, entstand die Idee zu diesem Projekt. Sie wird
auch durch den steilen Anstieg der Zuwandererzahlen unterstützt:
Nach 1945 lebten hierzulande ca. 15.000 Juden, hauptsächlich
überlebende Männer aus Deutschland selbst oder aus den KZs
Osteuropas (Jacoby, 2001). Bis 1989 erhöhte sich die Zahl auf rund
30.000 Personen. Mittlerweile gibt es bundesweit über 50 jüdische
Gemeinden, und die Anzahl jüdischer Mitbürgerinnen stieg von 1993
bis 2000 auf nahezu 137.000 Menschen (Beauftragte der
Bundesregierung für Ausländerfragen, 2001, S. 34), weil seit 1991
jüdische Flüchtlinge mit einem Sonderstatus als
Kontingentflüchtlinge aus der GUS zu uns kommen. Folglich sind in
den letzten 13 Jahren rund 100.000 Menschen zugewandert.
Wissenschaftstheoretisch handelt es
sich bei dem vorliegenden Unterfangen um ein interdisziplinäres
Pilotprojekt mit pflegewissenschaftlichen und
migrationssoziologischen Bezügen.
Aus migrationssoziologischer Sicht
stehen die individuellen und familialen Auswirkungen des Lebens in
zwei sehr unterschiedlichen Gesellschaften und der Wanderung im
Blickpunkt des Interesses; aus ethnographischer Perspektive ist es
der über das Verstehen gesuchte Zugang zu den Deutungsperspektiven
der Zielgruppe und deren Erwartungen an die Aufnahmegesellschaft.
Aus pflegerischer Perspektive
dominiert der Bedarf nach Hinweisen, die die Beziehung von Personen
unterschiedlicher kultureller Zugehörigkeit im Rahmen einer
Pflegesituation individuell und soziokulturell angemessen fördern
und damit eine Effektivitätssteigerung der Pflege herbeiführen
können.
Das Projekt intendiert eine Synthese
dieser drei Arbeitsaspekte im Hinblick auf eine der Zielgruppe
angemessene Pflegepraxis. Großer Raum wird in der vorliegenden
Studie zum einen der Geschichte des osteuropäischen Judentums (Kap.
3) zugemessen, da sie die jahrhundertelange Verfolgung nachzeichnet
und damit deutlich macht, wie Angst, als Resultat
gesellschaftspolitischer Entwicklungen, zu einem so bestimmenden
Faktor in den Einzelbiographien unserer Informantinnen werden
konnte.
Zum anderen hat die internationale
Literaturstudie zur pflegerischen Versorgung jüdischer Patienten
(Kap. 4) große Bedeutung, weil wir im Rahmen unserer eigenen
qualitativ-explorativen Studie nur wenige Personen befragen konnten
und gerade die Holocaust-Opfer, die in der Literaturstudie eine
entscheidende Rolle spielen, zu krank oder psychisch nicht in der
Lage waren, sich in den Interviews mit uns noch einmal den Schrecken
der Vergangenheit auszusetzen. Obwohl sie also in unserer Studie
nicht in Erscheinung treten, sind sie ein wichtiges Klientel
jüdischer Altenpflegeheime auch in Deutschland, auf dessen
spezifische Versorgungsbedarfe die Literaturstudie eindringlich
hinweist.
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Inhaltsverzeichnis
Einleitung 9
1.
Zielsetzung des Forschungsprojekts 11
2.
Zielgruppe 13
3.
Geschichte des osteuropäischen Judentums 17
4.
Literaturstudie zur pflegerischen Versorgung jüdischer Patientinnen
27
4.1 Die
Situation Holocaust-Überlebender 28
4.2 Religiöse
Orientierung als pflegerelevantes Alltagsphänomen 35
4.3
Besonderheiten osteuropäischer bzw. russischer Juden
39
4.4
Ethisch-moralische Standpunkte im Judentum als Basis der Pflege
jüdischer Patientinnen 44
4.5
Betreuungsaspekte im Rahmen von Schwangerschaft, Geburt und Umgang
mit Säuglingen 46
4.6 Aspekte
für die Pflege und Betreuung gerontologischer Patienten
47
4.7 Palliative
Pflege und jüdisches Brauchtum im Umgang mit Sterbenden
49
5.
Ergebnisse eines Arbeitsaufenthaltes in San Francisco 53
5.1 Zum
Master-Studiengang „Community and Cross-Cultural Health Studies"
53
5.2 Zur
besonderen Situation und pflegerischen Versorgung der jüdischen
Bevölkerung in San Francisco und Nord-Kalifornien 54
5.3 Zum
Erkenntnisgewinn für das Projekt 57
6.
Forschungsinteresse und Methode der ethnographischen Studie
59
7.
Präsentation und Diskussion der Ergebnisse der ethnographischen
Studie 63
7.1 Bilanz der
Migration 63
7.2 Familiäre
und außerfamiliäre Kontakte und Strukturen 70
7.3 Angst als
Lebenserfahrung in ihren Auswirkungen auf die Interviewsituation
74
7.4
Religiosität vor und nach der Migration 78
7.5
Versorgungssituation und Pflegebedürftigkeit 83
7.6 Bedeutung
der Religion für die Pflege 85
7.7
Verständnis, Bedeutung und Erleben von „Gesundheit" 88
7.8
Verständnis, Bedeutung und Erleben von „Krankheit" 91
7.9 Kriterien
einer guten Pflege/Versorgung 98
7.10 Kriterien einer
schlechten Pflege/Versorgung 104
7.11 Anforderungen an die
pflegenden Angehörigen durch Pflegebedürftigkeit in der Familie
106
7.12 Belastungen der
Pflegenden durch die Pflegesituation 107
7.13 Hausmittel und
Heilmethoden 110
7.14
Geschlechtsspezifische Aufgabenverteilung im Rahmen familiärer
Hilfeleistungen 113
8.
Versorgungsstrategien für die pflegerische und gesundheitliche
Betreuung der Flüchtlinge 115
8.1
Zusammenfassung der Ergebnisse im Hinblick auf die Entwicklung von
Strategien zur pflegerischen Versorgung osteuropäischer jüdischer
Migrantinnen 116
8.2 Allgemeine
Versorgungsstrategien für die Pflegepraxis 119
8.3 Spezielle
Versorgungsstrategien von Pflegeanbietern 123
9.
Evaluation und Praxisrelevanz der Ergebnisse 127
10.
Nachfolgeprojekte 129
11.
Schlusswort 131
Literatur 133
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