Protest gegen das Berliner Entschädigungsamt

 

 

 

Fakten und Informationen zum Fall Peter Finkelgruen
geboren am 9. März 1942 im Shanghaier Stadtteil Hongkew dem späteren Getto Shanghai

I.

Am 8. Februar 1974 wurde vor dem Landgericht Berlin ein Vergleich geschlossen, der folgende Leiden als Folge des dreijährigen Getto-Aufenthaltes von Peter Finkelgruen als Kleinkind als verfolgungsbedingt anerkannte und medizinische Versorgung für diese gewährleisten sollte:

·      postdysenterisches Syndrom

·      chronisch-neurotische Fehlhaltung mit Neigung zu depressiven Verstimmungen

·      neuro-vegetative Herz-Kreislauf-Störungen als Begleiterscheinung des psychiatrischen Leidens

Dieser Vergleich kam zustande, nachdem der medizinische Dienst des Entschädigungs-amtes wegen der Begründung seiner Ablehnung international in die Kritik geriet. Er behauptete,

„[...] Es sei zu bedenken, daß der Antragsteller als Säugling im Getto Shanghai über­haupt noch nicht über eine derartige Bewußtseinslage verfügte, daß er über­haupt hätte neurotisch reagieren können [...]“  (siehe Vorwort zur Manualia Nicolai, den Protokollen anläßlich der II. Internationalen Medizinisch-Juristischen Konferenz in Düsseldorf, 1969.)

Die folgenden Jahre verliefen problemlos, was die Kostenübernahme für Medikamente und Behandlungen durch das Entschädigungsamt betraf. Erst Mitte der neunziger Jahre bemerkte Peter Finkelgruen, daß die Kostenübernahmen für einzelne Medikamente, die zur Behandlung des erhöhten Blutdrucks (Herz-Kreislauf-Störungen) dienten, erst sporadisch, dann kontinuierlich abgelehnt wurden.

Im Januar 2006 erlitt Peter Finkelgruen einen Herzinfarkt. Der ärztliche Dienst des Entschädigungsamtes lehnte die Übernahme der Kosten mit der Begründung ab, der Herzinfarkt stünde nicht in Zusammenhang mit den anerkannten neuro-vegetativen Herz-Kreislauf-Störungen.

Die private Krankenkasse, bei der Peter Finkelgruen seinerzeit versichert war, und bei der die verfolgungsbedingten Leiden vertraglich vom Versicherungsschutz ausgenommen waren, lehnte die Begleichung der Rechnungen ab, mit dem Hinweis, es handele sich um ein verfolgungsbedingtes Leiden und ließ ein Gutachten erstellen, das diese Feststellung untermauerte.

Eine im Juli 2006 eingereichte Klage gegen das Entschädigungsamt hat bislang zu keiner Entscheidung geführt. Ein von Finkelgruens Rechtsanwalt gestellter Verschlimme­rungs­antrag hatte Erfolg, wobei der ärztliche Dienst und das Entschädigungsamt nicht dem vom eigenen Gutachter konstatierten Grad der MdE (Minderung der Erwerbsfähigkeit) gefolgt war. Dagegen richtete sich eine zweite Klage. Das vom Amt in Auftrag gegebene Gutachten stellte auch den Herzinfarkt als Teil des verfolgungsbedingten Leidens fest. Von dieser Linie weicht alleine ein internistisches Zusatzgutachten ab, das vom Ent­schädigungsamt bei dem Mediziner in Auftrag gegeben wurde, welcher Peter Finkelgruen seinerzeit während des Herzinfarktes behandelte. Dieser lehnte es schon damals ab, die verfolgungsbedingten Leiden überhaupt bei der Anamnese zu berücksichtigen. Er konstatierte einzig:

„Der emotionale Stress als möglicher Risikofaktor ist in diesem Zusammen­hang zu vernachlässigen“.

Ein halbes Dutzend weiterer Gutachten, die teils von Peter Finkelgruen, teils vom Land­gericht Berlin, sowie vom Entschädigungsamt selbst in Auftrag gegeben worden waren, stimmen dahingehend überein, daß der Herzinfarkt eine Folge bzw. eine Begleit­er­scheinung der als verfolgungsbedingt anerkannten Leiden sei.

Auch das „Programm für Nationale Versorungsleitlinien“ dessen Träger die Bundes­ärzte­kammer, die kassenärztliche Bundesvereinigung, sowie die Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften ist, hat psychosozialen Stress als Risikofaktor für chronische Herz-Kreislauf-Erkrankungen festgeschrieben. Auch die europäischen Versorgungsleitlinien treffen eine nahezu identische Grundaussage.

II.

Im Verlauf der Auseinandersetzungen mit dem Entschädigungsamt stellte Peter Finkel­gruen fest,  daß das Entschädigungsamt Berlin, aber auch andere Entschädigungs­ämter in der Bundesrepublik die Anspruchsberechtigten nicht über die Möglichkeit ihrer Ansprüche nach § 141a Bundesentschädigungsgesetz informieren.

§ 141a

(1) Der Verfolgte, dessen Anspruch auf Rente für Schaden an Leben oder für Schaden an Körper oder Gesundheit oder auf Soforthilfe durch Bescheid, Vergleich oder rechtskräftige gerichtliche Entscheidung festgesetzt worden ist, hat Anspruch auf Krankenversorgung für nicht verfolgungsbedingte Leiden. Der Anspruch besteht nur, solange der Verfolgte seinen Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat.

(2) Der Verfolgte (Absatz 1) hat Anspruch auf Krankenversorgung auch für den Ehegatten und für die Kinder, solange für diese nach dem bis zum 31. Dezember 1974 geltenden Beamtenrecht Kinderzuschläge gewährt werden können, wenn sie mit ihm in häuslicher Gemeinschaft leben oder von ihm überwiegend unterhalten werden. Absatz 1 Satz 2 gilt sinngemäß.

(3) Der Anspruch nach den Absätzen 1 und 2 ist ausgeschlossen,

1. soweit ein entsprechender Anspruch gegen einen Sozialversicherungsträger besteht,

2. soweit ein entsprechender Anspruch aus einem Vertrag (ausgenommen Ansprüche aus einer privaten Kranken- oder Unfallversicherung) besteht,

3. wenn das Einkommen des Verfolgten die für die gesetzliche Kranken­ver­sicherungspflicht maßgebende Jahresarbeitsverdienstgrenze übersteigt; im Falle des Absatzes 2 ist der Anspruch auch ausgeschlossen, wenn das Einkommen des Ehegatten oder des Kindes diese Jahresarbeitsverdienstgrenze übersteigt.

(4) Der Anspruch nach den Absätzen 1 und 2 ist weder übertragbar noch vererblich.

Damit verstößt die Behörde, gegen ihre Verpflichtung nach § 25 Verwaltungsverfahrensgesetz:

§ 25 Beratung, Auskunft

(1) Die Behörde soll die Abgabe von Erklärungen, die Stellung von Anträgen oder die Berichtigung von Erklärungen oder Anträgen anregen, wenn diese offen­sichtlich nur versehentlich oder aus Unkenntnis unterblieben oder unrichtig abgegeben oder gestellt worden sind. Sie erteilt, soweit erforderlich, Auskunft über die den Beteiligten im Verwaltungsverfahren zustehenden Rechte und die ihnen obliegenden Pflichten.

(2) Die Behörde erörtert, soweit erforderlich, bereits vor Stellung eines Antrags mit dem zukünftigen Antragsteller, welche Nachweise und Unterlagen von ihm zu erbringen sind und in welcher Weise das Verfahren beschleunigt werden kann. Soweit es der Verfahrensbeschleunigung dient, soll sie dem Antragsteller nach Eingang des Antrags unverzüglich Auskunft über die voraussichtliche Verfahrens­dauer und die Vollständigkeit der Antragsunterlagen geben.

Die Entschädigungsämter schädigen die Berechtigten auf die genannte Art und Weise in doppelter Hinsicht. Sie bürden ihnen einerseits unnötige Kosten in Form von Kranken­kassenbeiträgen auf, die über Jahrzehnte bezahlt werden müssen und zwingen sie andererseits durch ihre Vorgehensweise, eine Vielzahl von durchaus berechtigten Ansprüchen von vornherein als nicht verfolgungsbedingt abzulehnen, für Behandlungs­kosten in Vorleistung zu treten.

Im übrigen scheinen die Entschädigungsämter die ihnen Anvertrauten generell als eine Art lästiger Bittsteller zu betrachten. Die Beweislast liegt immer und grundsätzlich auf Seiten der Antragsteller, die Behörde entscheidet nach Gutdünken, was sie bewilligt, und von Datenschutz hat man wohl auch noch nie etwas gehört: Im Fall von Peter Finkelgruen hat der ärztliche Dienst des Entschädigungsamtes Berlin ohne Wissen und Zustimmung durch Peter Finkelgruen vom Klinikum Oldenburg die Übersendung von Krankenberichten und Akten verlangt. Peter Finkelgruen erfuhr erst davon, als das Klinikum Oldenburg reichlich konsterniert bei ihm anfragte, ob er die Akten denn freigeben würde. Etwa zur gleichen Zeit forderte der ärztliche Dienst Peter Finkelgruens Anwalt auf, diesen nicht über die Stellungnahme des ärztlichen Dienstes zu unterrichten.

Andererseits verlangt die Entschädigungsbehörde von Peter Finkelgruen und allen anderen anspruchsberechtigten Rentnern alljährlich eine sogenannte Lebensbescheinigung, die durch persönliches Erscheinen auf dem zuständigen Ordnungsamt erbracht werden muß, andernfalls wird damit gedroht, die Rentenzahlungen einzustellen. Bezeichnenderweise geschieht dies im Fall der BEG-Rentner aber nicht der sogenannten „normalen“ Rentner der BfA  oder anderer Renten­träger.

Quelle und ©:  Peter Finkelgruen

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Kontakt:  Brigitte Gensch

 

 

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